Infektionszahlen: zwischen Alarmismus und Verharmlosung

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Die tägliche Zahl der Neuinfektionen war der zentrale Richtwert für die Einschätzung des Infektionsrisikos und die Grundlage von Pandemie-Maßnahmen weltweit. Diese Zahl ist ungenau, da sie nicht alle Infektionen erfassen kann und stark von der Teststrategie abhängt.

Die Grafik zeigt das erfasste Infektionsgeschehen in Österreich und Deutschland und vergleicht es mit Modellrechnungen des London Imperial College. Das simulierte Infektionsgeschehen weicht erkennbar von den dokumentierten Infektionsraten ab, Stichwort: Dunkelziffer. Gleichzeitig liegen die beiden Länder viel näher beieinander als es in den letzten Monaten den Anschein hatte. Noch deutlicher wird das, wenn die Infektionen mit den Sterbezahlen verglichen werden. Zwischen 1. Oktober 2020 und 22. Mai 2021 wurden in Österreich 67, und in Deutschland 40 Neuinfektionen je 1.000 Einwohner gemeldet – die deutschen Zahlen sind demnach um 40% niedriger. Im selben Zeitraum sind in Österreich 1,1 Personen je 1.000 Einwohner an oder mit COVID-19 gestorben, in Deutschland waren das 0,9 Personen je 1.000 Einwohner. Wird die Sterblichkeit betrachtet, verringert sich der Abstand zwischen den beiden Ländern auf 15%. Die Infektionszahlen hängen dabei stark von der Zahl der durchgeführten Tests ab und diese ist in Deutschland viel geringer als in Österreich.

Trotz dieser Ungenauigkeit haben sich Regierungen in ihrer Entscheidungsfindung auf die Zahl der Neuinfektionen gestützt. Grund dafür ist, dass sich Veränderungen im Infektionsgeschehen in ihr am schnellsten zeigen. Zur alleinigen Risikoeinschätzung oder zur Beurteilung der Effektivität von Corona-Maßnahmen war die Zahl jedoch nie geeignet.

Literatur:

 

Modellannahmen des London Imperial College: https://mrc-ide.github.io/global-lmic-reports/parameters.html

 

Hale, T., Petherick, A., Phillips, T., & Webster, S. (2020). Variation in government responses to COVID-19. Blavatnik school of government working paper, 31.

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